Künstlerin an der Brauseflamme: Katharina Kleinfeld

Einführung in die Kunst der Kieler Glasbläserin Katharina Kleinfeld

Erstellt im Auftrag der Emmaus Kirchengemeinde anlässlich ihres Kunstsommers 2016, bei dem die Gemeinde ihre drei Kieler Kirchengebäude über gut sechs Wochen für einen Dialog mit Bildender Kunst öffnet.

Tiefes Brummen ist aus ihrer Werkstatt im Hinterhof zu hören. Es stammt von dem Kom­pressor, der zusammen mit Sauerstoff und Propangas Katharina Kleinfelds Tischbrenner betreibt. In ihren Händen hält die Glasbläserin die beiden Enden eines bereits mehrfach gebogenen Glasrohres. Über einer großen Brauseflamme erhitzt sie dessen Mittelstück, biegt es minutiös mit äußerster Geduld, damit es seine Form behält, das Röhrchen nicht schmaler und nicht dünner wird sondern bloß unter sanftem Druck seine Ausrichtung ändert. Zum Schutz gegen die sehr helle gelbe Färbung der Flamme trägt die Künstlerin eine Arbeitsbrille. Ohrenstöpsel dämmen die Werkstattgeräusche. Ihre Aufmerksamkeit ist voll auf das werdende Kunstwerk gerichtet.

Anfangs fertigte ich Tiefseeumkippthermometer und Destillationsvorrichtungen für Chemiker und Biologen.

Über mehrere Ausbildungsstationen hinweg erwarb Katharina Kleinfeld ihre Kenntnisse zur Gestaltung dieses faszinierenden Werkstoffes, der neben Fragilität und Transparenz die tolle Eigenschaft besitzt, Licht zu speichern, es zu reflektieren oder durchzulassen. Mit ihr spielt die Künstlerin. Nach dem Schulabschluss absolvierte sie eine Lehre zur Glasapparatebläserin. Noch unsicher, ob sie dabei bleiben sollte, ging sie für ein Jahr ins Ausland, um während des Praktikums in Jerusalem ihre künstlerische Ader zu entdecken. Da Glaskunst Anfang der Neunziger Jahre an keiner deutschen Kunsthochschule angeboten wurde, entschied sich Katharina Kleinfeld für eine Ausbildung zur Glasgestalterin an der Glasfachschule in Zwiesel. Mit den dort erworbenen Kenntnissen über Industriedesign wurde sie anschließend 1993 am Surrey Institute of Art & Design im englischen Farnham aufgenommen. Nach exakt drei Jah­ren Studium der Bild­hauerei mit Schwerpunkt Glaskunst bestand sie dort die Prüfung und kehrte nach Deutschland heim.

Ich arbeite immer reduzierter und verzichte mittlerweile komplett auf bedeutungsschweres Begleitwerk zu meiner Glaskunst.

In Kiel bezieht Katharina Kleinfeld ein eigenes Atelier, in dem sie seit 2001 als freischaffende Künst­lerin Skulpturen und Installationen fertigt. Sie ist Mitglied im Bundesverband Bil­den­der Künstler und engagiert sich im Künstlerhaus k34, wo sie bis heute als Kuratorin ver­schie­dener Ausstellungen in Kiel-Gaarden tätig wird.

Für die Martinskirche entwickelte Katharina Kleinfeld über verschiedene Projektskizzen und Modelle ihre 2015 entstandene Idee der „loop invasion“ weiter. Eine amorphe Masse aus vielen Hundert gebogenen Glasröhren schwebt zwischen Boden und Decke des lichtgetränkten Kirchenraumes. Wie Nervenbahnen eines Gehirns speichern sie komplexe Informationen. Das Glas als hochästhetischer Botenstoff scheint dafür ideal geeignet.

Die Zitate wurden während eines Atelierbesuches im Juni 2016 bei Katharina Kleinfeld aufgenommen und sind von der Künstlerin authorisiert.

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panama

das; Abk. f. Panorama (griech.). Unter diesem Namen postet Daniela Mett vermischte Nachrichten aus der bewohnten Welt des Nordens bis hoch nach Tromsö. Die ausgebildete Magazinjournalistin berichtet frei und unabhängig. Sie hat sich in 35 Berufsjahren spezialisiert auf Reportagen und Interviews.

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